Bitter ist neben süss, sauer, salzig und umami eine der fünf Grundgeschmacksarten (2). Umami ist weniger bekannt, bedeutet auf Japanisch «köstlich» und beschreibt einen fleischartigen Geschmack (2; 3). Die Fähigkeit, die verschiedenen Geschmacksarten wahrzunehmen, verdanken wir den Geschmacksrezeptoren, die sich auf der Zunge und im Mundraum befinden (2).
Was sind Bitterstoffe?
Bitterstoffe sind sehr unterschiedliche chemische Verbindungen, die keine einheitliche Struktur haben. Ihre einzige Gemeinsamkeit ist der bittere Geschmack. In der Natur kommen sie in vielen Gemüsen und Heilkräutern vor und schützen die Pflanze vor Fressfeinden. Typische natürliche Bitterstoffe sind zum Beispiel sekundäre Pflanzenstoffe und Aminosäuren (1).
Warum meiden wir Bitteres?
Bei den meisten Menschen sind bittere Lebensmittel nicht besonders beliebt. Diese natürliche Abneigung ist angeboren: bereits Neugeborene bevorzugen Süsses gegenüber Bitterem. Dies ist ein Schutzmechanismus unseres Körpers, der sich so vor potenziell giftigen Substanzen schützt. Denn die meisten, in der Natur vorkommenden, giftigen Stoffe schmecken bitter (1). Süss gilt dagegen als «Sicherheitsgeschmack», weil es keine natürlich vorkommenden Gifte gibt, die süss schmecken. Mit süss verbinden wir vielmehr schnelle und gute Energiequellen.
Interessanterweise ist für die Wahrnehmung von süssem und saurem Geschmack auf unserer Zunge jeweils nur ein einziger Rezeptor verantwortlich. Für bitter sind es dagegen 25 Rezeptoren (4). Wir nehmen also bitter viel stärker wahr als zum Beispiel süss. Diese 25 Rezeptoren können zehntausende verschiedene Bitterstoffe erkennen (5) – ein ausgeklügeltes Schutzsystem vor möglicherweise giftigen Substanzen. Aber nicht jeder empfindet Bitteres gleich bitter. Wissenschaftler haben herausgefunden: wie bitter wir etwas wahrnehmen, liegt an unseren Genen (6).
Im Laufe unseres Lebens ändert sich die angeborene Ablehnung gegenüber Bitterem durch die Erfahrungen, die wir machen und wir sind in der Lage uns an bitteren Geschmack zu gewöhnen. Trotzdem wurden in den letzten Jahrzehnten Bitterstoffe nach und nach aus Gemüsen herausgezüchtet. So haben wir uns an mildere Sorten gewöhnt. Die gute Nachricht: wir können uns aber auch wieder an Bitteres gewöhnen (1).
Warum Bitterstoffe?
Aber warum sollten wir uns an Bitteres gewöhnen? Bitterstoffe erleben zurzeit ein wahres Comeback. Zu Recht, denn sie haben eine Vielzahl von positiven Wirkungen auf unsere Gesundheit:
Bitterstoffe sorgen dafür, dass der Speichelfluss angeregt und mehr Magensäure gebildet wird. Sie wirken so verdauungsfördernd und machen das Essen bekömmlicher (1). Sie regen ausserdem die Funktion von Leber und Gallenblase an. Dadurch produziert die Leber vermehrt Gallenflüssigkeit, was wiederum die Fettverdauung ankurbelt und der Leber beim Entgiften hilft (7). Bitterstoffe wirken auch positiv auf die Darmtätigkeit und können so die Aufnahme von Nährstoffen erleichtern (8).
Neue Untersuchungen deuten darauf hin, dass Bitterstoffe die Produktion von Insulin in der Bauchspeicheldrüse anregen können. Sie sorgen so dafür, dass der Blutzuckerspiegel, der nach dem Essen ansteigt, schneller wieder sinkt und tragen so zu einer besseren Blutzuckerregulierung bei (9; 10).
Bitterstoffe können auch die Gewichtsabnahme unterstützen. Im Gegensatz zu Süssem oder Salzigem, das Appetit auf mehr macht, wirken Bitterstoffe appetithemmend. Indem sie an Darmzellen andocken, setzen diese ein körpereigenes Hormon frei, das dem Körper signalisiert, dass er satt ist (9). Auch den Heisshunger auf Süsses können Bitterstoffe so reduzieren.
Viele Bitterstoffe haben zudem antioxidative Eigenschaften und sind in der Lage das Immunsystem zu aktivieren (8; 11).
Neue Erkenntnisse zeigen ausserdem, dass Bitterrezeptoren nicht nur im Mundraum vorkommen, sondern in vielen anderen Körpergeweben. Forscher konnten sie im Verdauungstrakt, in der Lunge, in Immunzellen, in der Haut, im Herz und sogar in Gehirnzellen nachweisen (4; 12). Welche Funktionen sie dort genau haben, ist zum grössten Teil noch ungeklärt. Als gesichert gilt jedoch, dass sie ein wichtiger Bestandteil des angeborenen Immunsystems sind (4).
Natürliche Bitterstoffe
Bitterstoffe finden sich in vielen Früchten und Gemüsen, sowie in zahlreichen Heilpflanzen. In der Pflanzenheilkunde werden bitter schmeckende Pflanzen, die gesundheitliche Wirkungen haben, als Amara bezeichnet (lateinisch für bitter) (1). Amara sind bereits seit der Antike ein wichtiger Bestandteil der Naturheilkunde. Je nachdem welche Eigenschaften sie haben, werden sie in verschiedene Kategorien eingeteilt (1; 11):
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Amara pura (reine Bittermittel): Reine Bittermittel sind zum Beispiel gelber Enzian, Artischocke, Löwenzahnwurzel und Tausendgüldenkraut.
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Amara aromatica (Bittermittel und ätherische Öle): Pflanzen in dieser Gruppe enthalten neben Bitterstoffen auch ätherische Öle, wie z.B. Mariendistel, Salbei, Schafgarbenkraut, Angelikawurzel, Hopfenzapfen und Wermutkraut.
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Amara acria (Bittermittel mit Scharfstoffen): Diese Heilpflanzen enthalten Bitterstoffe und Scharfstoffe, wie zum Beispiel Ingwer und Curcuma.
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Amara mucilaginosa (Bittermittel mit Schleimstoffen): Hierzu gehören Pflanzen, die Bitterstoffe und Schleimstoffe enthalten, zum Beispiel Isländisches Moos.
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Amara salina (salzreiche Bittermittel): In diese Gruppe werden salzreiche Bittermittel, wie Löwenzahnwurzel und Löwenzahnkraut eingeteilt.
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Amara adstringentia (adstringierende Bittermittel): Diese Pflanzen enthalten neben adstringierenden Bitterstoffen auch noch Gerbstoffe und Tannine, wie zum Beispiel die Chinarinde.
Viele bekannte Heilpflanzen enthalten Bitterstoffe, die leberschützende, galletreibende, verdauungsfördernde, appetitanregende und zahlreiche weitere Wirkungen auf die Gesundheit haben. Zu ihnen gehören unter anderem: